Datengedanke 2 - Mensch oder Maschine?

Wenn eine Maschine Sie nicht bewerten soll, dann vielleicht ein Ensemble von Maschinen?

Obwohl Maschinen nur so entscheiden können, wie Menschen ihre Handlungsoptionen definiert haben – so wie in Datengedanke 1 beschrieben – wird vielfach das Argument gebracht, dass man nicht von einer Maschine bewertet werden wolle. Es sei viel angenehmer, wenn eine Bewertung durch einen Menschen erfolgt. Jeder hat seine persönlichen Empfindungen und Präferenzen. Man kann durchaus auch die gegenteilige Position einnehmen.

Ein weniger bewertendes als auswertendes Beispiel: Wer soll ein MRT des Gehirns nach Tumoren auswerten? Der Arzt oder ein auf diesen Task spezialisiertes neuronales Netz? Viele werden den Arzt wählen. Einige vielleicht auf eine zweite Meinung bestehen.

Mir wäre ein gut trainiertes neuronale Netz lieber. Aber nicht nur eins. Während die Zeit von Ärzten beschränkt ist und nur in seltenen Fällen ein Team von Spezialisten sich einen Fall gemeinsam anschauen kann, gibt es keinen Grund, sich nicht die Meinung von mehreren algorithmischen Systemen einzuholen.

Wenn diese von unterschiedlichen Anbietern stammen und damit unterschiedlich aufgesetzt sind, kann man sie als Ensemble implementieren (Illustration 1). Entscheidungen von Ensembles werden immer dann besser, wenn die einzelnen Mitglieder des Ensembles besser sind als reines Raten und voneinander unabhängig.

Finden alle drei Systeme keine Hinweise auf einen Tumor, wird diese Aussage zum finalen Ergebnis. Sind alle drei Systeme der Meinung, dass ein Tumor vorliegt, verorten ihn vielleicht sogar an identischer Stelle, liegt auch hier das Untersuchungsergebnis vor. Herrscht kein Konsens wird ein Mediziner hinzugezogen, der die Ergebnisse der drei Systeme zur Information erhält.

Der Ansatz ist so einfach, dass man verwundert ist, warum er nicht bereits überall praktiziert wird. Aktuell mögen etwaige Kosten abschrecken. Aber letztlich ist ein Markt mit Ensembles auch für die Anbieter interessant, denn der Markt wird größer. Statt sich den letztlich überschaubaren Markt untereinander aufzuteilen und dann mühsam zu versuchen, Krankenhäuser und Arztpraxen dazu zu bringen, den bisherigen Anbieter zu verlassen, könnten minimale Standards dafür sorgen, dass ein richtiger, fluider Markt entsteht.

Autorin: Christin Schäfer

Erscheinungsdatum: 20.03.2020